Ungewollt und umgehend verbindet unsere Seele dieses Bild mit unserer Kinderzeit und unseren Kindern. Jedenfalls dann, soweit wir im sogenannten christlichen Abendland leben und noch aus der Zeit stammen als in fast allen Kindergärten nicht nur Sterne gebastelt wurden, sondern auch die Geschichte von den Weisen aus dem Morgenland in der Weihnachtszeit erzählt und in den Kinderherzen verankert wurde. Oft werden diese orientalischen Typen auch als „heilige drei Könige“ bezeichnet. Aber weder waren es drei (die Zahl wird nirgendwo in der Bibel genannt), noch waren sie Könige, sondern vermutlich Astrologen und Astronomen, die mit dem alten Begriff als Sterndeuter und Magier bezeichnet wurden. Sie waren aber keineswegs nur Himmelsgucker, die in klarer Nacht von den funkelnden Gestirnen begeistert waren, sondern durchaus Sternenkundler, die mit Akribie den Sternhimmel beobachteten und sich bemühten die Zusammenhänge einzuordnen. Dabei gelangten sie ohne jede Computerunterstützung und keplerscher Erkenntnisse zu erstaunlichen Ergebnissen (s. dazu Johannes Koch: Neue Untersuchungen zur Topographie des babylonischen Fixsternhimmels). Dass es hier um nicht nur sprichwörtlich überirdische Zusammenhänge mit einer Götterwelt ging, ist aber nicht nur ihrer zeitlichen Geschichte geschuldet. Denn damals wie heute interessierte die Menschen und insbesondere die Herrschenden, was wohl die Zukunft bereithalten würde. Und im Orient wurden die Gestirne in alter Zeit Göttern zugeordnet und symbolisierten teilweise auch irdische Herrscher. So etwa der Planet Saturn, der im alten Babylon dem jüdischen König zugeordnet wurde. Als das Volk Israels in der Verbannung im 6. Jh. v. Chr. längere Zeit nolens volens Gelegenheit hatte, sich mit dem babylonischen Himmel auseinanderzusetzen, entstand das erste Buch der Bibel (Genesis). Und es beginnt mit einem Paukenschlag: Gestirne sind keine Götter, sondern lediglich Geschöpfe. Der eigentliche Schöpfer schuf danach den Lebensraum der Menschen und hängte die Sterne an den Himmel wie wir die gebastelten Sterne in unseren Wohnzimmern aufhängen. Aber der ach so aufgeklärte Mensch der Gegenwart hat diesen Erkenntnisstand oft noch nicht erreicht. 23% der Abendländer in Deutschland glauben heute noch daran, dass sie von Sternen beeinflusst werden und gar 35% lesen gerne und oft Horoskope (s.statista.com). Mit dem Christentum hat das alles nichts zu tun und hält sogar eine christliche Gruppe davon ab, nicht nur einen großen Bogen um die weisen Sternendeuter zu machen, sondern auch das Weihnachtsfest zu feiern (Zeugen Jehovas). Denn hier stimmt ja nicht einmal das Geburtsdatum des Kindes Jesus von Nazareth. Mit einiger Sicherheit war dies zwischen 4 und 7 vor Christus (Tod des Herodes) wie uns die Quellen zeigen. Und dann ist da noch der Stern von Bethlehem wie er oft bezeichnet und als Komet gezeichnet wird. Hat es ihn überhaupt gegeben? Dass es der Halley’sche Komet war, kann ausgeschlossen werden, zumal Kometen im Orient als Unheilsbringer galten. Oft wird auch eine tatsächlich in diesem Zeitraum stattgefundene Konjunktion von Jupiter und Saturn ins Gespräch gebracht, die dann am Himmel als helles Lichtereignis zu beobachten war. Das passt dann wieder in eigentümlicher weise zur Verbindung von Saturn und jüdischem König. Nicht ausgeschlossen, dass sich babylonische Sternkundige genau deshalb auf den Weg nach Palästina machten. Wie genau sie den Weg in die biblische Traditionsgeschichte fanden, muss offen bleiben. Auch die Theologen der Gegenwart helfen hier nicht viel weiter. Die einen sagen so, die anderen so – wie man lax formulieren könnte. Das wird gewiss all jene bestätigen, die schon immer die Bibel als reines Geschichtenbuch verstanden, das einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhält, jedoch literarisch bedeutend ist. Interessant ist auch, dass sich nur zwei von den vier biblischen Evangelien für „die Weihnachtsgeschichte“ interessieren.
Aber bricht mit einer solchen Bewertung nicht die ganze christliche, frohe Botschaft zusammen, die man Evangelium nennt? In den ersten Jahrhunderten nach unserer Zeitrechnung feierten Christen das Weihnachtsfest überhaupt nicht. Erst im 5/6 Jahrhundert begann der Weihnachtskult sich zu entwickeln. Es sollte noch geraume Zeit dauern bis die angeblichen Gebeine der Weisen aus dem Morgenland durch Kaiser Friedrich Barbarossa nach Köln kommen und Anlass für den Dom-Bau gaben. Noch heute ist ihr Schrein dort zu besichtigen, nicht nur am Dreikönigstag. An diesen Magiern und dem Stern von Bethlehem über dem Stall mag die Weihnachtsgeschichte hängen, aber gewiss nicht die frohe Botschaft (= Evangelium) des Christentums. Die Sterne auf die wir zur Weihnachtszeit schauen sollten uns vielmehr an die Sternstunde Gottes erinnern, der mit Jesus von Nazareth eine Geschichte begann, die uns nur hoch erfreuen kann. Der aufgehende, helle Stern von Bethlehem ist weit mehr als ein astronomisches Ereignis, dass den Nachthimmel bereichert. Im Johannes Evangelium finden sich die Worte: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ (Joh.8,12) Genau darum geht es! Nicht um Stimmungslichter und Glitzersterne in einer dunklen Jahreszeit, sondern um das Lebenslicht für jeden Menschen in seinen Dunkelheiten und den vielfältigen Finsternissen in dieser Welt. Diesem „Stern“ gilt es zu folgen. Dabei hilft keine Sterndeuterei, sondern die Beschäftigung mit der biblischen Botschaft. Und warum sollte man nicht mit der Weihnachtsgeschichte beginnen, die uns darauf hinweist, dass aus dem kleinen Jesus ein Mann wurde, der Weltgeschichte machte und bestimmte. Aber vielmehr kann er zu unserem Lebensstern werden, der uns eine bessere Zukunft bringen kann, im
Dezember anno Domini 2018!
© D.E.