Gott gebe dir vom Tau des Himmels
und vom Fett der Erde
und Korn und Wein die Fülle
1. Mose. 27,2
Sommerzeit = Erntezeit. Von diesem Monat an wird überall das Getreide eingebracht. Wird es wohl ein gutes Erntejahr? Sollte mich das aber überhaupt interessieren, denn das Mehl kaufe ich doch im Supermarkt und das Brot beim Bäcker!? Vielleicht klingt der letzte Satz ein wenig platt und gemäßigt lustig. Den Ernst der Versorgungsengpässe hatten wir in den letzten Jahrzehnten in Europa mindestens aber in Deutschland wohl verloren, denn es war ja bei uns wirklich so: es gab keinen Mangel, alles war jederzeit verfügbar. Aber ein nicht für möglich gehaltener Krieg vor unserer Haustür und das in den Alltag vordringende Wissen und Erleben des Klimawandels haben uns aufgeweckt und das Wort >Mangel< nicht nur in Erinnerung gerufen, sondern ihn uns buchstäblich spüren lassen. Eine gute Ernte aus der eine gute Versorgung erwächst, ist eben nicht selbstverständlich. Sie ist gottgegeben, würde der biblische Verfasser des Monatsspruchs wohl ergänzen. Nun, für einen gottgläubigen Menschen ist eine solche Wertung sicher halbwegs verständlich. Für alle anderen gilt wohl der Spruch, der einst in der DDR propagiert wurde. Sehr wahrscheinlich fände er aber auch im Brüsseler Europa-Parlament große Zustimmung, denn schließlich hat man dort den Gottesbezug in der Europäischen Verfassung bewusst weggelassen. „Ohne Gott und Sonnenschein bringen wir die Ernte ein", so stand es einst auf vielen Bannern in der anderen Deutschen Republik. Es brauchte viel Mut, das anders zu sehen und sogar zu sagen, wie einer der wenigen, - der dort lebende Pfarrer Oskar Brüsewitz (https://www.domradio.de/artikel/vor-40-jahren-verbrannte-sich-pfarrer-oskar-bruesewitz), der für seine Überzeugung tragisch starb. Er fuhr seinerzeit mit einem Erntewagen durch sein Dorf mit der Aufschrift: "Ohne Regen, ohne Gott, geht die ganze Welt bankrott". Aber damit wäre der Monatsspruch keineswegs vollständig erläutert. Er stammt aus einer Erzählung, die diesen Satz ins Zentrum eines spannenden Geschehens stellt, die hier nur gestreift werden kann. Es ist eine Handlung, in der ein Vater (Isaak) am Ende seines Lebens seinen Sohn (Jakob) segnet und ihm die Fürsorge Gottes zusichert. Segen – was ist das eigentlich? Sind Sie schon einmal gesegnet worden? Vielleicht hat man Ihnen oder Ihren Kinder irgendwann den Geburtstagskanon gesungen: Viel Glück und viel Segen auf all deinen Wegen. Vielleicht haben Sie sogar kirchlich geheiratet und erinnern sich, dass am Schluss der Pfarrer ihnen Beiden die Hand auflegte und Ihnen den Segen Gottes zusprach. Oder sie haben einfach nur, bei welcher Gelegenheit auch immer, einen Gottesdienst besucht und sich am Ende auf Bitte der Pfarrer(in) zum Segen erhoben, beginnend mit den Worten: Der Herr segne dich und behüte dich (…). Was ist das eigentlich – Segen -? Ich muss zugeben, auch für mich sind das oft nur Worthülsen, die ich eben so höre. Und oft benutzt man sie so nebenbei: >Meinen Segen habt ihr<; >Das war aber ein Segen< >Da liegt kein Segen drauf. < Und gerne lassen wir uns am Jahresanfang von einer verkleideten Kindergruppe mit Kreide die Buchstaben CMB über die Haustüre schreiben: „Christus mansionem benedicat“ < (Christus segne dieses Haus) Doch Segen ist mehr als eine Art „Glück-Plus“ oder ein „frommer Wunsch“. Segensworte weisen in einen Bereich der menschlichen Unverfügbarkeit. Wir können die Worte wohl sprechen, aber nichts dazu tun, dass sie sich ins Leben umsetzen. Auch Pfarrerinnen, Pfarrer oder andere Segensgeber sind nur, aber immerhin „Erfüllungsgehilfen“. Die Umsetzungsmacht liegt außerhalb des Menschen. Für Christen liegt sie bei Gott. Er allein ist der Segensspender! Menschlicher Segensmissbrauch ist jedoch nie ausgeschlossen, etwa in der alten Tradition Waffen zu segnen. Jemandem einen Segen zusprechen setzt eine Verbindung zum Herrn des Segens voraus. Was daraus wird, entscheidet nicht eine mystische Macht des Wortes, sondern der Segensspender Gott. Es ist sicher nicht unwichtig, dass wir unsere Segenswünsche einmal wieder in die Richtung Gottes lenken. Empfangen wir einen Segen, sollten wir wissen, dass es sich nicht nur um einen Glückwunsch handelt, der als solcher eine schöne Hoffnung ohne Realisierungsgrundlage ist, sondern ein Zuspruch Gottes, der selbst über die Erfüllung entscheidet. Und dann haben wir im mehrfachen Sinne „unser Fett weg“, nicht nur im
Juni Anno Domini 2023
© D.E.